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Studierende des MATS: Rethorik der Verschleierung

Unter der Rhetorik der Verschleierung verstehen wir eine bestimmte Art und Weise, wie im öffentlichen Diskurs über Diskriminierung oder ihre Formen gesprochen wird.
Der Begriff Rhetorik lässt sich nach Grimm als “(…) (eine) Redekunst (verstehen, die) auf das Ziel der Beeinflussung einer Zuhörerschaft ausgerichtet (ist). (…) Das Mitteilungsinteresse (der Person, die spricht und so) in einer bestimmten Situation bei einem (…) Publikum eine bestimmte Wirkung erzielen möchte, bedingt Inhalt und Form (ihrer) sprachlichen Äußerungen (…).” (J. Grimm et al. 1984: 78).
Diese Kunst der Beeinflussung überträgt sich auch auf die Produktion von Bildern z.B. im Mediendiskurs. “Die Untersuchung von Bildkommunikation überträgt die Kategorien der traditionellen Rhetorik auf visuelle Objekte (was wir als ‘Bildrhetorik’ verstehen können).” (J. Grimm et al. 1984: 93).
Wir beobachten im öffentlichen Diskurs, das heißt im Diskurs, der in den Medien, der Politik und im öffentlichen Leben der Gesellschaft wahrnehmbar ist, dass es eine Tendenz gibt, entweder nicht über Diskriminierung zu sprechen, Diskriminierungserfahrungen nicht anzuerkennen oder durch die Verwendung von Begriffen wie Diversity, Multikulti und ähnliche den Eindruck zu vermitteln, dass Diskriminierungsformen schon überwunden wären und wir harmonisch miteinander zusammen leben. Damit wird ‘verschleiert’, dass es gesellschaftliche Diskriminierungsformen gibt. Problematisch ist hier auch, dass Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind in ihrer Erfahrung durch diese Rhetorik nicht wahrgenommen werden, denn ihre Belange werden durch die Rhetorik der Verschleierung, durch die Nichtanerkennung ihrer Erfahrungen verletzt. Diese Verletzung ist dabei kein neues Phänomen, sondern stellt eine stetige Reproduktion der gesellschaftlichen Verhältnisse dar: Diskriminierung zu erfahren und keine gesellschaftliche Anerkennung zu bekommen, führt zum einen dazu, dass die Stimmen der Betroffenen im Diskurs nicht oder nur kaum wahrgenommen werden. Zum anderen werden so hierarchische Strukturen der Gesellschaft aufrecht erhalten, denn wir müssen uns fragen, wer im Diskurs spricht und wer gehört wird.
So werden kolonial aufgebaute Herrschaftsmuster diskursiv weiter reproduziert. Wir hören also denjenigen zu, die den Diskurs bestimmen. Dadurch erkennen wir nur das als ‘wahr’ an, was im Diskurs als wahr erzählt wird. Alles andere wird rhetorisch verschleiert. Die Rhetorik der Verschleierung kann so ebenfalls als eine Form der Diskriminierung verstanden werden, egal ob sie im Diskurs bewusst eingesetzt wird oder unbewusst passiert.

 

Quellen

  • J Grimm, FR Hausmann, C Miething (1984): Einführung in die französische Literatur- und Kulturwissenschaft. Springer Verlag.